Cafeteria

Domi saß in der Cafeteria und starrte Löcher in die Luft. Ihr Essen lag unberührt auf dem Teller vor ihr und auch sonst schien sie keine Anstalten zu machen, irgendwas zu machen. Vor Sorgen bekam sie auch nichts runter. Denn Muri und Van hatten sich noch immer nicht vertragen und sie machte sich deswegen immer noch Vorwürfe. Schließlich war es gewissermaßen ihre Schuld, dass das Verhältnis zwischen den beiden Jungs so kaputt war.
Überhaupt hatte sie keinen der beiden in den letzten Tagen gesehen.
"Domi, du solltest wirklcih was essen", drang Sanas Stimme an ihr Ohr und sie brauchte einige Sekunden, um zu merken, dass sie angesprochen wurde.
Leicht verzog sie das Gesicht: "Ich kann nicht. Krieg nichts runter."
Es war eh schon ein Wunder, dass sie sich regelmäßig in der Schule blicken ließ, denn eigentlich hatte sie vorgehabt, abzubrechen, bis das Baby geboren war. Sie wollte nicht, dass jemand das mitbekam. Aber nachdem ihre Mutter beim Rektor angerufen hatte und dieser den Lautsprecher angelassen hatte...wusste es jetzt die ganze Schule. Seitdem war sie oft herablassenden Blicken und Worten ausgesetzt, aber das störte sie wenig.
"Nimm dir das doch nicht so zu Herzen. Muri und Van kriegen sich schon wieder ein, sie sind erwachsen. Muri wäre sicher auch nicht glücklich, wenn er wüsste, wie fertig du dich deswegen machst", ermahnte Alesana sie weiter und biss in ihren Apfel, warf ihrer jüngeren Freundin dabei aber einen strengen Blick zu.
"Aber es ist doch meine Schuld. Das alles...es wäre besser gewesen, wenn ich Muriel nicht wieder begegnet wäre. Dann wäre er mit Van noch immer befreundet und alles wäre gut", murmelte Domi und zog mit ihrem Löffel Kreise in ihrem Kakao.
Alesana verdrehte die Augen. Langsam ging ihr diese Selbstmitleidsnummer wirklich auf die Nerven. Sie zückte ihr Handy und schrieb eine SMS an Muri: Deine Schwester geht mir langsam auf die Nerven! Mach was oder ich schrei sie noch an!
Ganz so schlimm war es zwar nicht, aber sie konnte ja mal ein bisschen übertreiben.

Alesana war wirklich froh, dass Muri sich dazu bereit erklärte, sich um seine Schwester zu kümmern. Sie liebte Domi wie eine Schwester, das tat sie wirklich. Aber sie konnte mit solchen Dingen nur schlecht umgehen und da Domi sich in einem Fort Vorwürfe machte, hielt sie es einfach nicht aus.
Natürlich tat sie ihr auch leid, auch wenn sie teilweise wirklich an der ganzen Misere schuld war. Aber sie verstand, dass Domi nunmal auch nur ein Mensch war.
"Na los, iss ein bisschen was. Wenn wir heute Abend mit Muri feiern gehen wollen, solltest du nicht vor Hunger umkippen", versuchte sie Domi dazu zu bewegen und lächelte.
"Ich werd sowieso nichts trinken, also kippe ich sicherlich auch nicht so schnell um", entgegnete Domi etwas trocken, nahm dann aber doch einen Bissen ihres Auflaufs, wenn sie auch wirklich nicht sehr begeistert aussah. Vielleicht würde ihr etwas trinken ja gar nicht so schlecht tun. Dann wäre sie sicher mal wieder besser drauf. Und ein kleines Getränk schadete bestimmt nicht.
"Sicher ist sicher. Außerdem haben wir noch zwei Stunden Unterricht und die willst du doch nicht hungrig hinter dich bringen", fuhr Sana fort und trank ihre Cola leer.
"Ich hab ja gar keinen Hunger."
Die Ältere verdrehte die Augen und konnte den Abend gar nicht mehr erwarten.

Domi sah ihrer Freundin an, wie genervt sie war und hatte gleich nochmal mehr Schuldgefühle. Ach Mensch. Sie aß noch ein paar Happen, um Sana zufrieden zu stellen, dann griff sie nach ihrem Becher Kakao und stand auf.
"Ich muss noch was erledigen. Wir sehen uns später", meinte sie dann etwas hektischer und machte sich so schnell aus dem Staub, dass Sana gar keine Möglichkeit mehr hatte, sie aufzuhalten.
Sie hatte es satt, allen immer eine Last zu sein und das war sie seit einigen Monaten ja wirklich. Das konnte niemand verleugnen. Domi wollte alles wieder zurechtrücken, aber sie hatte keine Ahnung, wie sie das machen sollte. Denn eine Sache konnte sie ja nicht mehr ändern und diese war ja eigentlich der Auslöser für alles gewesen. Waren alle in ihrem Alter so dumm, oder hatte sie dieses Recht für sich ganz allein?
Sie trat nach draußen in den Schnee und stellte ihren Becher Kakao auf der Fensterbank ab, um ihre Jacke zu schließen und ihren Schal zu binden.
Im selben Moment piepste ihr Handy, welches sie sogleich aus ihrer Jackentasche angelte. Mh. Van. Wollte sie die Nachricht überhaupt sehen? Die Fünfzehnjährige fand es so kompliziert zwischen ihnen. Sie war sich eigentlich ziemlich sicher, nichts für ihn zu empfinden und dennoch war sie bereits zweimal mit ihm im Bett gelandet.
Aber andererseits waren sie auch irgendwie Freunde, oder?
Also öffnete sie die Nachricht- bereute es aber fast sofort. Also hatte Muriel sich wirklich nicht bei ihm gemeldet.
Mit einem leisen Seufzen setzte sie sich auf die freie Bank, drehte das Handy ein paar Mal in ihren Händen. Sie konnte sich nicht ewig davor drücken. Also antwortete sie ihm.